Hundertwasser ist ein umstrittener Künstler. Viele Architekten haben eine sehr skeptische Haltung seiner Arbeit gegenüber und würden sogar zurückweisen, dass man ihn überhaupt als Architekten bezeichnet. Die Gründe dafür kann man nicht nur an seinen Bauten, sondern auch an diesem Modell diskutieren, das zweifellos ein Architekturmodell ist, wenn auch ein sehr untypisches. Es erweckt den Anschein, der Entwerfer habe eine um größtmögliche Realitätsnähe bemühte Miniatur eines Gebäudes erschaffen. Das puppenstubenhafte Resultat ist im Kontext dieser Ausstellung und dieses Buches ein Tabubruch: Architekturmodelle sind – bis auf sehr wenige Ausnahmen wie jene von Sergius Ruegenberg und einige Mo delle bei Frei Otto – immer abstrahierte Entwurfsinstrumente und vermeiden jede Form der Niedlichkeit. Bereits der Renaissance- Theoretiker Alberti forderte, der Architekt solle „keine kunstvoll ausgeführten, ausgefeilten, ins Auge fallenden, sondern schlichte und einfache Modelle machen, an denen Du den Geist des Erfinders, nicht aber die Hand des Verfertigers bewunderst“. Das Modell zur Kindertagesstätte hingegen lenkt den Blick nicht auf den „Geist“ oder das Konzept des Bauwerks. Es soll verspielt wirken, ist aber bereits pedantisch ausformuliert und damit seines Potenzials für weitere Entwicklungen beraubt. Auch Hundertwassers Bauten sind keineswegs offen für Veränderungen durch die Nutzer, wie er es 1958 in seinem Verschimmelungs-Manifest gegen den Rationalismus in der Architektur noch formuliert. Der Künstler arbeitete bereits mit Modellen, als seine Ideen noch einen stärker utopischen Charakter hatten, der darauf zielte, Architektur und Natur zu verbinden. So präsentierte er 1972 gestapelte Wohnkapseln mit hängenden Gärten in der Fernsehsendung Wünsch dir was.in den 1980er Jahren plante die Stadt Frankfurt den Bau von rund zwanzig neuen Kindertagesstätten. Hundertwassers Modell entstand mit dem Modellbauer Alfred Schmid, mit dem er seit 1980 in gewohnter Weise zusammenarbeitete. Schmid erstellte den Modell-Rohbau, der anschließend von Hundertwasser bemalt und weiter ausgestaltet wurde. Anders als bei den ersten Bauten, arbeitete der Künstler nicht mehr persönlich auf der Baustelle mit. Das Modell kann als Original angesehen werden, da es von Hundertwasser persönlich bearbeitet wurde. (Teresa Fankhänel) aus: Oliver Elser, Peter Cachola Schmal: Das Architekturmodell – Werkzeug, Fetisch, kleine Utopie, Ausstellungskatalog DAM, Zürich 2012