Dauerausstellung: Von der Urhütte zum Wolkenkratzer, Diorama
Abstract:
Die Villa, ein vor den Stadtmauern gelegenes Landhaus, gehörte neben dem als Palazzo bezeichneten Stadthaus zu den großen Bauaufgaben der Renaissance. Die in Fratta Polesine (Rovigo) für den Unternehmer Francesco Badoer errichtete Villa ist das Werk des wohl bedeutendsten Renaissance-Architekten Andrea Palladio (1508–1580). Der Plan zum Bau dieser Villa stammte sehr wahrscheinlich aus dem Jahre 1556. Aus Originalakten ist bekannt, dass das Gebäude sich seit 1557 im Bau befand. Die im Modell wiedergegebene Villa zeigt den Zustand, in dem sie Palladio ursprünglich geplant hatte. Sie wird in dieser Form auch in den „Vier Büchern zur Architektur“ (Quattro libri dell’architettura) abgebildet, einem von Palladio herausgegebenen Standardwerk zur Architektur. Diese wiederum gingen auf Vitruv zurück, der als römischer Architekt um 25 v. Chr. ein 10-bändiges Architekturwerk verfasste. Eine Villa stellte zu jener Zeit sowohl einen Repräsentationsbau als auch das Zentrum eines landwirtschaftlichen Gutes dar, das sich venezianische Adlige und Kaufleute als zweites wirtschaftliches Standbein auf dem Festland schufen. Ihr Bau umfasste demnach nicht nur die Wohnräume für die Familie, sondern auch Wirtschaftsgebäude wie Stallungen, Scheunen und Lager. Auch die umgebenden Gärten bestanden nur zum geringsten Teil aus Ziergärten, sondern vielmehr aus Obstwiesen, Gemüsefeldern, Feldern und Weiden. Insofern hat Palladio die Villa Badoer zwar vornehm gestaltet, funktional jedoch primär als Gutshof ausformuliert. Der Hauptbau wurde mit einer würdevollen Tempelfassade und eleganten Freitreppe zu herrschaftlicher Repräsentation ausgestattet. Vor dem Bau bildeten zwei halbrunde Flügelbauten, die Ställe und Scheunen beherbergen, eine Art Ehrenhof. Während dieser Hof mit Zierpflanzen und Brunnen der vornehmen Wirkung des Hauptbaus zuarbeitet, lagen hinter dem Haus ein Obst- und Gemüsegarten. Das Wohnen im Hauptbau spielte sich ausschließlich im Piano nobile ab, dem Obergeschoss. Darunter befand sich der Sockel mit einer großen Küche, dem Weinkeller und Lagerräumen für die landwirtschaftlichen Produkte des Gutes. Auf dem trockenen Dachboden wurde das Getreide gelagert. Wie alle Gebäude Palladios zeichnet sich auch die Villa Badoer durch strenge Klarheit und Harmonie aus. Das von Palladio häufig verwendete Motiv der Tempelfront und der Freitreppe sind die Architektur beherrschenden Elemente. Selbst die runden Flügelbauten wurden mit Tempelmotiven und Säulenkolonnen versehen. Somit adelt er förmlich die profane Architektur eines größeren Bauernhofes. Die Architekten der nachfolgenden Jahrhunderte haben bis in den Schlossbau des 18. und 19. Jahrhunderts hinein an Palladios Villen maßgenommen. Die von Andrea Palladio errichteten Villen der venezianischen Aristokratie wurden meist in die trockengelegten Sümpfe der Po-Ebene gesetzt. Sie waren Zentren großer, neu entstandener Landgüter. aus: Christina Budde, Peter Cachola Schmal: Von der Urhütte zum Wolkenkratzer – Eine Geschichte der Architektur in 23 Modellen, Ausstellungskatalog DAM, Frankfurt am Main 2012