Da in der 1. Phase des Wettbewerbs nur Zeichnungen gefordert waren, wurde dieses Modell erst erstellt, als Stirling und Gowan mit ihrem Entwurf in die engere Wahl gekommen waren. Damals wurden Modelle für öffentliche Präsentationen üblicherweise aus hochwertigen Materialien wie Holz, Kunststoff oder Metall gebaut. im Gegensatz dazu ist dieses Modell aus verhältnismäßig billigem und leicht zu bearbeitendem Karton gefertigt. Dennoch entstand ein sehr feines und qualitätsvolles Modell. Durch den weißen Karton werden die geplanten Gebäude und die nicht minder sorgfältig kalkulierten Eingriffe in die Landschaft einander angeglichen. Das Modell wirkt wie ein Relief, was es beispielsweise deutlich von dem Kartonmodell von Louis Kahns Salk Institute unterscheidet. Ein ganz weißes Modell zu bauen entspricht hier aber auch den für die Umsetzung vorgesehenen Materialien: Beton und Portlandstone-Verkleidungen. Die Umgestaltung der Landschaft sah mehrere künstliche Erdwälle vor, die an die römischen Grabhügel der Umgebung erinnern sollten. Wie eine Festungsmauer umschließen die Studentenwohnungen die öffentlichen Gebäude im Innenhof. im Modell scheinen diese Bauten regelrecht zu schweben. Hier ersparte sich der Modellbauer nicht nur die aufwendige Arbeit, viele kleine Stützen anzufertigen, die es laut den Plänen dort eigentlich geben müsste. Der Verzicht im Modell zielt auf die geplante Wirkung in der Realität: Durch die offen gehaltenen Erdgeschosse sollte man in den weiten Hof blicken können. Julian Harrap, der damals bei Stirling an der Regent Street Polytechnic in London studierte, war selbstbewusst genug, das Modell auf der Unterseite neben Stirlings namen mit seinem eigenen zu signieren. noch ein weiteres Modell für Stirling, das der Geschichtswissenschaftlichen Fakultät an der Universität Cambridge, signierte er deutlich sichtbar auf der Grundplatte: „Model by Harrap“. Später schlug er eine Laufbahn als Experte für Denkmalpflege ein. Er realisierte beispielsweise gemeinsam mit David Chipperfield die Wiederherstellung des neuen Museums in Berlin. (Teresa Fankhänel) aus: Oliver Elser, Peter Cachola Schmal: Das Architekturmodell – Werkzeug, Fetisch, kleine Utopie, Ausstellungskatalog DAM, Zürich 2012