Die Ausführung dieses Modells aus schwer zu bearbeitenden Kupferplatten wirkt wie ein Kommentar auf die Mühe der tatsächlichen Bauausführung. Zugleich wird eine alltägliche, unspektakuläre Bauaufgabe durch das Modellbaumaterial buchstäblich veredelt. Die Reihenhäuser entstanden 1972/73 mit einfachsten Mitteln im Rahmen des sozialen Wohnungsbaus in Broni, Provinz Pavia, wurden aber ohne die charakteristischen Tonnendächer realisiert. Aldo Rossi hatte sich in der Bauform an Arbeiterwohnungen des frühen 20. Jahrhunderts orientiert und einen Geschossgrundriss sogar als direktes Tessenow-Zitat angelegt. Das Engagement der Architekten der Moderne in sozialen Fragen findet bei dem Kommunisten Rossi nicht nur im Entwurf, sondern eben auch durch die Aufwertung des Modells eine Fortsetzung. Rossi kann in Italien keinen „Arbeiterpalast“ bauen, wie es beispielsweise in Ost-Berlin mit der von ihm bewunderten Stalinallee gelang, aber er kann den Blick eines Ausstellungsbesuchers auf ein kostbar schimmerndes Kupfermodell lenken, das „nur“ eine Arbeitersiedlung darstellt. Seine Ausführung ähnelt einem zweiten Modell aus der DAM-Sammlung, dem Partisanendenkmal in Segrate (1965), das zu den bekanntesten Werken Rossis zählt und zeitweilig im Studio des Architekten wie ein Bild an der Wand hing. Das Denkmal wurde in grob geschaltem Sichtbeton ausgeführt und geriet schnell in einen verwahrlosten Zustand. Auch in diesem Fall wird durch das Modell eine eigene Wertigkeit geschaffen, die die Wertschätzung in der realen Welt überstrahlt. (Marilena Demarez-Bandeh) aus: Oliver Elser, Peter Cachola Schmal: Das Architekturmodell – Werkzeug, Fetisch, kleine Utopie, Ausstellungskatalog DAM, Zürich 2012