Innenstadterneuerung Stuttgart (Charlottenplatz und Schlossplatz)
Modell der Gesantanlage
Abstract:
Die Modelle aus dem Vorlass des Architekten und Stadtplaners Rob Krier nehmen in der Sammlung des Deutschen Architekturmuse ums eine Sonderstellung ein. Sie sind nicht nur Architektur sondern gleichzeitig gewisser maßen „Fotomodelle“. Ihre Wirkung im Medium der Fotografie unterscheidet sich erheblich von ihrer realen Erscheinung. Das Material, aus dem die Modelle gefertigt wurden, ist ein in seiner Haptik wenig sympathischer Hartschaum aus Polystyrol (bekannter unter den Markennamen wie Styrodur oder Styrofoam), der im Baugewerbe als Dämmstoff eingesetzt wird. Mit einer Vorrichtung, in die ein heißer Draht eingespannt ist, lassen sich daraus sehr einfach Formen ausschneiden. Auf Fotos wirken die mit grauer Farbe lackierten Modelle wesentlich hochwertiger als in der Realität. Krier arbeitet bereits seit seiner Studentenzeit mit diesem Material, zunächst für freie bildhauerische Arbeiten. Direkt von oben und mit starken Schlagschatten fotografiert, entsteht eine verblüffende Ähnlichkeit zwischen den Modellbildern und realen Luftaufnahmen von Stadtstrukturen. in seinem damals vielbeachteten Buch Stadtraum in Theorie und Praxis (1975) zeigt Krier direkte Gegenüberstellungen von rea len Stadt und entsprechend nachgestellten Modellaufnahmen, um seine Vorschläge nach vollziehbar zu machen, welche darauf abzielten die Straßenschneisen der Nachkriegszeit zu „reparieren“. in jener Zeit entstand auch der Begriff „Stadtreparatur“. Rob Kriers Planungen zur Umgestaltung Stuttgarts lassen sich in zwei Phasen gliedern: Ab 1964 beschäftigte er sich mit Idealstadt entwürfen, die er später dazu verwendete, den Großraum Stuttgart mit baulichen Megastrukturen zu einer Bandstadt umzuformen. Seine Modelle jener Zeit dienen ihm als „Baukasten“. Krier spricht selbst vom „Baukasten Stadtraumfolge“. Er entwirft die neue Bandstadt (in gewaltigen Dimensionen von circa zwölf Kilometern Länge) durch Aneinanderfügen von Modulen. Diese Module schneidet er tatsächlich aus den Fotos von jenen drei Idealstadt-Modellen heraus, die sich im Deutschen Architekturmuseum befinden, und fügt diese Einzelteile zu einer großen Fotocollage zusammen, deren Original leider verloren ist. In der zweiten Phase (ab circa 1973) dienten ihm Fotos der Modelle für den direkten Vergleich mit historischen Plänen und aktuellen Luftaufnahmen. Es entstand auf diese Weise die Möglichkeit des optischen Vergleichs von Bestand und Krier‘scher Planung. Man kann seine Methode der Bilderzeugung auch mit der Stadtbildserie Gerhard Richters vergleichen und zu dem Schluss kommen, dass die Reparaturbedürftigkeit des Stadtraums sich allein aufgrund der Dichteverteilung heller und dunkler Flecken erschließt: ist diese ausgewogen, neigt man dazu, den Stadtraum – in Kriers Sinne – für intakt zu halten. (Franziska Stein) aus: Oliver Elser, Peter Cachola Schmal, Das Architekturmodell – Werkzeug, Fetisch, kleine Utopie, Ausstellungskatalog DAM, Zürich 2012