Dieses aus Holz gefertigte, lackierte Modell eines variablen Raum-Musik-Theaters zielte nicht nur darauf, als avantgardistischer Tempel der Künste realisiert zu werden, sondern erweckt selbst den Eindruck, ein Kunstwerk zu sein. Es wurde 1964 auf der Antwerpener Kunstausstellung Integratie neben Kunst werken der Düsseldorfer Gruppe Zero und Arbeiten von Lucio Fontana und Yves Klein präsentiert. in Fontanas „Weißem Manifest“ wird eine dynamische, experimentelle Kunst ohne Gattungsgrenzen beschrieben, die Döring möglicherweise zum Entwurf des Theaters inspiriert hat. Das Modell zeigt den Querschnitt durch die rote Außenhülle und die organisch geformte innenhaut. im Zentrum befindet sich eine bewegliche Drehscheibe mit nach außen gerichteten Sitzen für 700 Personen. Die silbrige innenhülle sollte flexibel sein, um sich verschiedenen medialen Nutzungen anzupassen. Vorgesehen waren Theatervorstellungen, innovative Kinoformate (wie Cinerama) und Klanginstallationen. Vorbild sind möglicherweise die skulptural geformten, allerdings unbeweglichen Wände des Philips Pavillon (1958) von Le Corbusier, die nach einer musikalischen Komposition von Iannis Xenakis konstruiert wurden. Die blasenförmige innenhaut von Dörings Entwurf nimmt die „Blobs“ der digital erzeugten Architektur der Jahrtausendwende oder auch die Form von Frei Ottos Multihalle vorweg. Friedrich J. Kieslers Konzept des Endless House (1950) könnte ein weiteres Vorbild gewesen sein. Auch das Endless House ist gleichzeitig Skulptur und Architekturmodell. Das Modell des Raum-Musik-Theaters ist allerdings in der Perfektion eines technischen Geräts ausgeführt, was sowohl durch den vorgesehenen Inhalt als auch durch die ästhetischen Vorlieben der Entstehungszeit motiviert gewesen sein dürfte. (Markus Michel) aus: Oliver Elser, Peter Cachola Schmal: Das Architekturmodell – Werkzeug, Fetisch, kleine Utopie, Ausstellungskatalog DAM, Zürich 2012