Der Architekt Gottfried Böhm hat viele Entwürfe in Plastilin geformt, einer dauerelastischen Knetmasse. Dieses Modellbau material hat eine Tradition, die zu den „elastischen Baubauungsplänen“ Fritz Schumachers und den Knet-und Gipsmodellen der expressionistischen Architektur zurückreicht. Der Architekt Wassili Luckhardt widmete dem Kneten einen kurzen architekturtheoretischen Essay, in dem es heißt: „Man lege Bleistift und Papier beiseite, nehme Ton oder Plastilin und fange an, ganz von vorn, ganz unvermittelt und unbeeinflusst zu kneten“. Die plastisch geformten Bauten Gottfried Böhms sind mit dem Knetmaterial tatsächlich entworfen worden: intuitiv, mit den Händen, nicht mit Papier und Bleistift am Reißbrett. Es stellt sich bei Plastilinmodellen jedoch ein konservatorisches Problem, das bereits im Architekturbüro auftritt. Jede Berührung eines solchen Modells hinterlässt einen Abdruck. Wohl aus diesem Grund ließ Böhm das weiche Plastilin – das auch an das klassische Bildhauermaterial Ton erinnert, jedoch sehr viel feiner bearbeitet werden kann – beim Wettbewerbsmodell für die Bonner Bundesbauten in Bronze abgießen, auch dies eine traditionelle Technik bei Bildhauern. Das Ergebnis ist frappierend, weil noch der feinste Abdruck der knetenden Hände dauerhaft fixiert wird. Aus dem wenig attraktiven, leicht speckigen Plastilin wird etwas Edles, Ewiges. (Oliver Elser) aus: Oliver Elser, Peter Cachola Schmal: Das Architekturmodell – Werkzeug, Fetisch, kleine Utopie, Ausstellungskatalog DAM, Zürich 2012